Home

Florine Ory – Wissenschaftlerin und Imkerin

Florine Ory ist eine Schweizer Wissenschaftlerin, die sich auf die Wechselwirkungen zwischen Honigbienen und Mikroben spezialisiert hat. Während ihres Masterstudiums an Agroscope arbeitete sie an einer verheerenden Krankheit, die Honigbienenvölker in ganz Europa betrifft. Dieses Projekt ermöglichte es ihr, einen Kindheitstraum zu verwirklichen und Imkerin zu werden – eine Leidenschaft, die sie jetzt mit Freunden teilt.

veröffentlicht am:
geschrieben von: ,
Florine etikettiert die Gläser mit der Honigernte des letzten Jahres.

Florine etikettiert die Gläser mit der Honigernte des letzten Jahres. Bild: © Florine Ory

Florine Ory aus Delémont im Jura entwickelte schon früh eine Leidenschaft für Biologie, angetrieben von ihrer tiefen Faszination für Tiere. Als Kind war sie von der Imkerei fasziniert, obwohl niemand in ihrer Familie diese Praxis ausübte. Ihr Traum wurde schliesslich wahr, als sie ihr Masterstudium am Schweizerischen Zentrum für Bienenforschung an Agroscope in Bern begann. Nach ihrem Master setzte sie ihre Arbeit dort für 2.5 Jahre fort und trug zu mehreren Veröffentlichungen bei, die sich insbesondere mit den Wechselwirkungen zwischen Mikroben und Honigbienen beschäftigten.

Was macht Honigbienen so besonders? 

Auf die Frage, was sie an Honigbienen (Apis mellifera) am meisten fasziniert, hebt Florine die strukturierte Organisation eines Honigbienenvolkes hervor. Honigbienen sind Meisterinnen der Kommunikation und leben in einer Gruppe zusammengepfercht, wobei nur ein Ziel verfolgt wird: das Überleben des Volkes. Millionen von Jahren der Evolution haben sie zu hochgradig kooperativen Wesen gemacht – Tausende von Arbeitsbienen funktionieren als ein einziger, harmonischer Superorganismus.

Die Königin befindet sich in der Mitte mit einer Nummer auf ihrem Thorax, die Arbeitsbienen umkreisen sie einträchtig. Bild: © Florine Ory

Florine Arbeit an Honigbienen  

Honigbienen gedeihen in einer warmen, feuchten und geschlossenen Umgebung – Bedingungen, die für ihren Nachwuchs perfekt sind, aber auch Bakterien begünstigen. Um dem entgegenzuwirken, produzieren Honigbienenvölker antimikrobielle Moleküle, um ihre Bienenstöcke zu reinigen. Allerdings kann ein Bakterium namens Melissococcus plutonius eine schwere Krankheit namens Europäische Faulbrut (EFB) verursachen. Befallene Larven werden schnell von Ammenbienen entfernt, wodurch leere Zellen zurückbleiben. Obwohl erwachsene Bienen keine Symptome zeigen, können sie die Bakterien in den Bienenstock tragen und sie während der Pflege und Fütterung an die Larven weitergeben. In Europa wurden bereits mehrere Ausbrüche von EFB gemeldet. Die Behandlung von Honigbienen mit Antibiotika ist ineffektiv und in den meisten Ländern verboten, was Forschende dazu anregt, alternative Methoden zur Bekämpfung der Krankheit zu erforschen.

Ein Beispiel für einen Bienenstock mit EFB-Symptomen. Die dunkel gefärbten Larven sind die infizierten Bienen, die nicht überleben.

Ein Beispiel für einen Bienenstock mit EFB-Symptomen. Die dunkel gefärbten Larven sind die infizierten Bienen, die nicht überleben. Bild: © Agroscope

Frühere Forschungen zu einer ähnlichen Krankheit, der Amerikanischen Faulbrut, verursacht durch das Bakterium Paenibacillus larvae, deuten auf eine natürliche Heilung durch transgenerationales Immunpriming (TGIP) hin. Dieser Prozess umfasst die Übertragung der Immunantwort von der Königin auf ihre Nachkommen, ähnlich wie das Stillen von Säugetieren Immunität auf ihre Jungen überträgt. 

Aufbauend auf dieser Forschung untersuchten Florine und ihr Team, ob die Vorbelastung der Königinnen mit Melissococcus plutonius eine Immunantwort bei den Nachkommen auslösen könnte, die einen besseren Schutz vor EFB bietet als nicht exponierte Königinnen. Dieser Mechanismus beruht auf Vitellogenin, einem wichtigen Protein im Eigelb der Bienen, das auch eine Rolle in der Immunität spielt. Wenn Königinnen die Bakterien aufnehmen, binden von den Krankheitserregern stammende Partikel an Vitellogenin, das dann in die sich entwickelnden Eier aufgenommen wird. Dieser Prozess überträgt effektiv Immuninformationen auf die nächste Generation und wirkt wie eine natürliche Impfung für die Nachkommen.

Florine und ihre Kollegen setzten die Königinnen dem Bakterium oral aus und untersuchten dann die Leistung der Larven aus infizierten Königinnen. Das Team stellte jedoch fest, dass das Füttern der Königinnen mit lebenden Melissococcus plutonius nicht die erwartete Immunitätssteigerung bei den Nachkommen erzeugte. Natürlich schliesst dieses Ergebnis nicht die Möglichkeit einer Immunität durch andere Methoden aus, da das natürliche Immunpriming von verschiedenen Faktoren abhängen könnte – Expositionswege, Dosis, Art der Signale (lebende vs. tote Krankheitserreger) etc.–, die noch nicht identifiziert und für eine effektive präventive Lösung optimiert wurden. Unabhängig davon erinnert diese Studie daran, dass das natürliche Immunpriming nicht immer eine geeignete Lösung für alle bakteriellen Infektionen sein kann.

Wie gründet man ein Bienenvolk?  

Florine bei der Pflege ihrer Bienenvölker.

Florine bei der Pflege ihrer Bienenvölker. Bild: © Florine Ory

Die Gründung eines Bienenvolks erfordert eine Königin und etwa 5 000 Arbeitsbienen, die von einem etablierten Imker bezogen werden können. Die Frühlingsmonate, insbesondere der Mai, sind ideal dafür, da sie mit der Schwarmzeit übereinstimmen. In der Schweiz müssen angehende Imker jedoch eine spezielle Genehmigung einholen und sich bei ihrem Kanton anmelden (s. hier) für umfassende Informationen zur Imkerei in der Schweiz). Obwohl dies nicht obligatorisch ist, betont Florine, wie wichtig es ist, einen Mentor zu haben und eine angemessene Schulung zu absolvieren, bevor man loslegt. Ein Mentor führt einen durch den Prozess und stellt einem, wenn die Zeit kommt, ein Bienenvolk zur Verfügung, mit dem man anfangen kann.

Um mit dem neuen Hobby zu beginnen, werden neben Kenntnissen ein Bienenkasten, der mit Holzrahmen und Bienenwachsplatten ausgestattet ist, sowie ein Imkeranzug benötigt. 

Florine hat sich mit Freunden zusammengetan, um durch die Imkerei Honig zu produzieren. Alle haben ein geschäftigtes Leben und betrachten die Imkerei als Hobby, wobei sie nicht mehr als sieben Bienenvölker verwalten. Die Honigproduktion variiert je nach Saison und ihrer Verfügbarkeit. Ihr Hauptziel ist jedoch, ihr Verständnis für Bienen zu vertiefen, wobei der überschüssige Honig ein schöner Bonus ist.

Akademisches Wissen kombiniert mit praktischer Erfahrung

Florine betont, dass sie sowohl bei Imkern als auch bei Wissenschaftlern einzigartige Lernerfahrungen gemacht hat, wobei jeder eine eigene Methode zur Bienenzucht hat. Laut Florine sind Imker aussergewöhnliche Beobachter, die ihre Bienenstöcke wirklich verstehen. Durch Ausprobieren und Fehlern haben sie praktische, handlungsorientierte Erfahrungen entwickelt, die sie in ihrer Arbeit anwenden. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich Wissenschaftler stark auf Theorie und verlassen sich weniger auf Intuition, die Imker oft in ihrer Praxis nutzen.

Was macht Florine derzeit?

Aktuell arbeitet Florine in einem Auftragsforschungsinstitut (CRO) in Basel als Ökotoxikologin und bewertet das Risiko verschiedener Substanzen für aquatische und terrestrische Tiere (einschliesslich Bestäuber wie Honigbienen) und Pflanzen. Mit einem wissenschaftlichen Ansatz und Tests, die unter kontrollierten Bedingungen (Labor oder Feld) durchgeführt werden, bewertet sie die Auswirkungen chemischer oder biologischer Substanzen auf die Umwelt. Diese Daten sind entscheidend für den Prozess der Regulierung und Kommerzialisierung neuer Substanzen (z. B. chemische, biologische, pharmakologische oder kosmetische), um die Umweltverträglichkeit zu gewährleisten.

Quellen

Ory F et al. 2022. Lack of evidence for trans-generational immune priming against the honey bee pathogen Melissococcus plutonius. PLoS ONE 17;5):e0268142. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0268142

Hernández López J et al.. 2014. Trans-generational immune priming in honeybees. Proceedings of the Royal Society B-Biological Sciences. 281;1785. https://doi.org/10.1098/rspb.2014.0454

Autor:in

PXL 20230930 131316913

Florine Ory

Innovative Environmental Services
20221110 2108 copy

Dr. Kaan Mika

ETH Zurich - The Biocommunication Group

Nehmen Sie Kontakt auf