Blut auf der Speisekarte – Wie suchen sich Mücken ihre Opfer aus?
Während männliche Stechmücken uns in Ruhe lassen, spüren weibliche Mücken uns auf, um unser Blut zu saugen. Blut sorgt als Proteinquelle für die Entwicklung lebensfähiger Eier. Aber es ist nicht das Blut selbst, das die Mücken anlockt.

Verstecken ist sinnlos. Diese Mücke kann Sie riechen, sie kann Sie sehen, sie kann Sie spüren. Und sie wird Sie finden. Bild: Adobe Stock
Woher wissen weibliche Stechmücken also, wo sie ihre Blutmahlzeit finden und ob sie sich dem richtigen Tier nähern? Interessanterweise werden Stechmücken nicht direkt von Blut angezogen. Sie verfügen über ein hoch entwickeltes sensorisches System, das ihnen ermöglicht, die Anwesenheit potenzieller Wirte aus der Ferne zu erkennen. Weibliche Stechmücken lokalisieren ihren Wirt mithilfe einer Kombination aus visuellen, olfaktorischen und thermischen Hinweisen.
Der erste Hinweis: CO2
Erstens können Stechmücken das von Menschen und Tieren ausgeatmete CO2 aus über 50 Metern Entfernung wahrnehmen. Dies ist einer der wichtigsten Anhaltspunkte, mit deren Hilfe Mücken ihren Wirt über grosse Entfernungen finden. Sobald eine Mücke CO2 entdeckt hat, folgt sie der CO2-Spur und sucht die Umgebung nach visuellen und olfaktorischen Hinweisen ab. Sie kann zwischen den Gerüchen verschiedener Arten und der Individuen, von denen sie sich bevorzugt ernährt, unterscheiden. Ist die Mücke nahe genug herangekommen, bestimmt sie den Standort des Wirts mithilfe ihrer Wärmesensoren und setzt sich auf dessen Haut. Bevor sie mit dem Saugen beginnt, vergewissert sie sich, dass sie auf einem schmackhaften Wirt gelandet ist, und sticht mit ihrem Rüssel durch die Haut. Erst wenn sie zufrieden ist und ein Blutgefäss gefunden hat, beginnt sie das Blut aufzusaugen.
Weitere Geruchshinweise
Neben CO2 orientieren sich Stechmücken auch am Körpergeruch, um einen Wirt zu finden und um zwischen potenziellen Wirten zu unterscheiden. Der Prozess, mit dem weibliche Stechmücken Körpergeruch wahrnehmen, beginnt mit spezialisierten Geruchsrezeptoren in ihren Fühlern. Diese Rezeptoren sind empfindlich für bestimmte flüchtige Verbindungen und senden Signale an das Gehirn der Mücke, sobald sie eine bestimmte Chemikalie in der Luft wahrnehmen. Der Körpergeruch entsteht teilweise dadurch, dass der Körper flüchtige organische Verbindungen produziert und emittiert. Es handelt sich um eine komplexe Mischung, die von verschiedenen Faktoren wie Ernährung, Alter, Genetik und persönlichen Hygienegewohnheiten beeinflusst wird. Der Hauptverursacher von Körpergeruch sind jedoch Hautbakterien, die bei der Verdauung von Schweiss Geruchsstoffe produzieren. Die Hautbakterien unterscheiden sich nicht nur von Art zu Art, sondern auch von Individuum zu Individuum, so dass jeder einen etwas anderen Geruch produziert, den Mücken wahrnehmen und bevorzugen können. Einige Chemikalien, die für Stechmücken besonders attraktiv sind, sind Milchsäure, Ammoniak, einige Carbonsäuren und Aceton.
Visuelle und thermische Hinweise
Stechmücken nutzen auch visuelle und thermische Signale, um ihren Wirt zu finden. Sie werden von bestimmten Farben angezogen und können Bewegungen wahrnehmen. Sie nehmen auch die von unseren Körpern ausgehende Wärme wahr, und zwar dank eines Rezeptors (Ir21a), der in den Geruchsneuronen in ihren Fühlern exprimiert wird und bei kühleren Temperaturen aktiviert wird. Das bedeutet, dass der Rezeptor aktiviert wird, wenn sich eine weibliche Mücke von ihrem warmblütigen Wirt entfernt, um die Mücke wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Das ist ein sehr nützlicher Mechanismus für die Mücken, denn er hilft ihnen, unsere Blutgefässe, die wärmste Stelle auf unserer Haut, zu finden.
Wie messen wir die Anziehung auf Mücken?
In unserem Labor untersuchen wir die von Stechmücken bevorzugten Geruchsreize. Dazu verwenden wir ein Uniport-Olfaktometer, ein Gerät, das aus einem Startbehälter mit Schiebetür, einem zylindrischen Rohr, einer Falle und einer rechteckigen Box besteht. Bei jedem Versuch befinden sich 30 weibliche Mücken im Startbehälter, und eine getragene Socke (Geruchsquelle) wird in der rechteckigen Box am anderen Ende des zylindrischen Rohrs platziert. In die rechteckige Box werden ein konstanter Luftstrom und CO2 eingeleitet. Dieser Luftstrom transportiert die auf den getragenen Socken gespeicherten Gerüche und erreicht die Mücken, die im Startkanister warten. Sobald sich die Türen öffnen, fliegen die Mücken, wenn sie angelockt werden, auf die Geruchsquelle zu und gehen in die Falle. Nach einigen Minuten wird die Anzahl der in der Falle befindlichen Mücken gezählt. Das Experiment wird für jede einzelne Geruchsquelle separat durchgeführt. Der Vergleich der Ergebnisse erlaubt uns die Attraktivität der Geruchsquelle (die Person, die die Nylonsocke getragen hat) zu beurteilen. Je nach verwendeter Mückenart passen wir die Bedingungen an: nachtaktive Mücken z. B. untersuchen wir im Dunkeln mit ausschliesslich rotem Licht (Mücken können kein rotes Licht erkennen).
Schon gewusst?
Die Geruchsrezeptoren von Mücken sind so empfindlich, dass sie unglaublich niedrige Konzentrationen flüchtiger Verbindungen in der Luft wahrnehmen können. Mücken können zum Beispiel Milchsäure in Konzentrationen von nur einem Teil pro Milliarde erkennen, was einem einzigen Tropfen Milchsäure in einem olympischen Schwimmbecken entspricht.
Sie sind nicht alle hinter uns her ...
Nur 100 von 3 500 Stechmückenarten ernähren sich von Menschen. Von diesen sind die Anopheles-, Aedes- und Culex-Mückenarten die wichtigsten für die Übertragung von Krankheiten. Lesen Sie unseren Artikel "Blutrünstiige Stechmücken", um mehr zu erfahren.
Quellen
Greppi C et al. 2020. Mosquito heat seeking is driven by an ancestral cooling receptor. Science 367(6478): 681-684. DOI: 10.1126/science.aay9847