Hunde spüren Tiger auf
Sie haben wahrscheinlich schon von Trüffelhunden oder Minenhunden gehört. Tigermückenhunde könnten sich in nicht allzu ferner Zukunft in die Gruppe der Hunde mit erstaunlichen Spürfähigkeiten einreihen, wie eine Studie des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts in Allschwil nahelegt.

Ein Hund von Neobiota Spürhunde Schweiz beim Training zum Aufspüren von Tigermückenlarven. Bild: © Tobias Suter
Systematik
- Reich
- Tiere (Animalia)
- Stamm
- Gliederfüsser (Arthropoda)
- Klasse
- Insekten (Insecta)
- Ordnung
- Zweiflügler (Diptera)
- Familie
- Stechmücken (Culicidae)
- Gattung
- Aedes
- Art
- Asiatische Tigermücke (A. albopictus)
Die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus ist eine der invasivsten Arten weltweit und breitet sich auch in der Schweiz immer weiter aus. Sie kann Krankheiten wie Dengue-, Chikungunya- und Zika-Fieber übertragen und ist ein aggressiver Stecher. Daher ist die frühzeitige Erkennung befallener Gebiete entscheidend, um umgehend gezielte Bekämpfungsmassnahmen zu ergreifen und die weitere Ausbreitung zu bremsen (weitere Informationen siehe Kasten am Ende).
Hunde als Helfer
Hunde sind dafür bekannt, dass sie ihre menschlichen Führer:innen beim Aufspüren einer Vielzahl von Geruchsquellen unterstützen können. Neben illegalen Tierprodukten, Munition, Sprengstoff, Drogen und mehr können ausgebildete Hunde auch unerwünschte Insekten, wie Bettwanzen oder holzzerstörende Käfer, aufspüren. Die Abteilung Vektorbiologie des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) wollte herausfinden, ob Hunde dabei helfen können, die Larven der Tigermücken und damit deren Brutstätten in neu befallenen Gebieten aufzuspüren. Zu diesem Zweck konzipierten wir ein Experiment, das sowohl eine Labor- als auch eine Feldkomponente enthielt. Die sechs Hunde, die an dem Experiment teilnahmen, gehörten zum Team von Neobiota Spürhunde Schweiz, das Ende 2023 aufgelöst wurde. Die Mitglieder sind dem Verband Spürhundewesen Schadorganismen Schweiz beigetreten.

Das Team von Neobiota Spürhunde Schweiz. Bild: © Joachim Pelikan
Schnüffeltraining
Für das anfängliche Training im Labor und um zu untersuchen, ob Hunde tatsächlich Tigermückenlarven erkennen und von anderen Mückenarten unterscheiden können, haben wir ein so genanntes “Detection Dog Training System” (DDTS) verwendet. Das Gerät hat sieben Öffnungen und hinter jeder Öffnung befinden sich zwei Behälter. Diese lassen sich mit einem beweglichen Schlitten an die Öffnung schieben. Der Zielgeruch, in unserem Fall Tigermückenlarven, wird in einem der zwei Behälter an jeder Position platziert, der zweite Behälter wird mit einem anderen Duft, der als Kontrolle und Ablenkung dient, befüllt. Mithilfe einer Software wird der Zielgeruch bei jeder Wiederholung zufällig in einer der sieben Öffnungen präsentiert. In den anderen sechs Öffnungen befindet sich der Kontrollduft. Die Hunde prüfen dann die Öffnungen und zeigen das Aufspüren des Zielgeruchs an, indem sie die Nase mehrere Sekunden lang in die Öffnung halten, in der sich eine Lichtschranke befindet. Wenn sie richtigliegen, gibt das DDTS einen kurzen Ton ab. Zur Belohnung fallen automatisch einige Hundeleckerlis in die Schale darunter.
Hundetraining im Labor. Video: © Tobias Suter
Zu Beginn des Versuchs verwendeten wir 50 Tigermückenlarven in 50 ml Wasser pro Behälter. Mit der Zeit wurde die Anzahl der Larven auf eine reduziert und die Wassermenge auf 100 ml erhöht. Als Negativkontrollen verwendeten wir unter anderem Larven anderer Mückenarten, die typischerweise in denselben Brutstätten leben.
Alle sechs Hunde verstanden die Spielregeln sehr schnell und leisteten beim DDTS hervorragende Arbeit. Ihre Erfolgsquoten lagen bei 80–90%, wobei die älteren Hunde mit mehr Erfahrung im Allgemeinen etwas besser abschnitten als die jüngeren. Es zeigte sich, dass Hunde tatsächlich Tigermückenlarven erkennen und von anderen Arten unterscheiden können!
Draussen im Feld
In einem nächsten Schritt begannen wir mit einem Feldtraining in einem Schrebergarten. Dazu haben wir einen Parcours aus Giesskannen in verschiedenen Gartenparzellen aufgebaut. Ziel des Trainings war, dass die Hunde lernen, die Giesskannen als potenzielle Mückenbrutstätten zu erkennen, sie auf den Zielgeruch zu prüfen und die Giesskanne mit Tigermückenlarven zu identifizieren. Die Giesskannen wurden nach jeder Wiederholung zufällig neu angeordnet.
Hundetraining im Feld. Video: © Tobias Suter
Wir merkten recht schnell, dass diese Übung viel schwieriger war als die vorherige Aufgabe im Labor. Die Spürhunde müssen nicht nur in der Lage sein, einen Zielgeruch korrekt zu identifizieren, sondern auch lernen, wo sie danach suchen müssen. Mit anderen Worten: Sie müssen “das Spiel” verstehen, sonst sind sie sehr schnell frustriert und der Auftrag wird nicht erfüllt. Das Einprägen dieser Suchmuster erfordert viele Wiederholungen und ein intensiveres Training, als in der vorliegenden Studie möglich war. Leider können die Hundeführer ihre Hunde nicht zu Hause trainieren – was den Trainingsprozess beschleunigen würde –, da es nicht erlaubt ist, die Larven von Ae. albopictus, einer invasiven Art, ausserhalb einer kontrollierten Studienumgebung zu verwenden. Die ideale Lösung wäre ein künstlicher Geruch, der für das Hundetraining verwendet werden könnte. Ob ein solcher Geruch synthetisiert werden kann, wird derzeit noch untersucht.
Spannend ist jedoch, dass Hunde in der Lage sind, den Geruch einer einzelnen Mückenlarve im Wasser wahrzunehmen und sie von anderen Arten zu unterscheiden! Die Zukunft wird zeigen, ob uns Hunde nach weiterem Training im Feld bei der Entdeckung von Brutstätten helfen und dazu beitragen können, die kontinuierliche Ausbreitung der Asiatischen Tigermücke in der Schweiz weiter zu kontrollieren.
Tigeralarm!
Was ist zu tun, wenn eine potenzielle Tigermücke gefunden wird?
1- Jemand findet Tigermücken und meldet sie der zuständigen Meldestelle. Dabei wird ein gutes Foto oder die Mücke selbst eingesendet.
2- Expert:innen bestimmen den Fund.
3- Handelt es sich um eine Tigermücke, inspiziert die Meldestelle das Gebiet. Dazu überprüft sie alle potenziellen Brutplätze in einem Umkreis von 200 Metern um den Fundort. Dies ist zeitaufwändig und erfordert viel Personal. Hier könnten Hunde von Vorteil sein.
4- Die nächsten Schritte hängen vom jeweiligen Kanton oder der Gemeinde ab. Sie entscheiden, ob und wie sie aktiv werden wollen. Kann der erste Fund durch einen zweiten bestätigt werden, wird in der Regel eine Bekämpfungszone definiert. In diesem Gebiet behandeln die Behörden dann regelmässig (im Sommer alle vier Wochen) alle Dolen auf öffentlichem Grund mit einem biologischen Larvizid. Darüber hinaus erhalten alle Haushalte in dem Gebiet ein Schreiben des Kantons, in dem sie darüber informiert werden, wie sie Brutstätten auf ihrem Privatgrund vermeiden können.