Projekt “Krešo Leuchtkäfer”– Bringen wir das natürliche Leuchten der Nacht zurück
Wer das Glück hat, an einem warmen Sommerabend das zauberhafte Leuchten der Leuchtkäfer zu erleben, erfreut sich an der magischen Atmosphäre, die sie erzeugen. Leider werden solche Begegnungen immer seltener. Warum sind Leuchtkäfer nicht mehr so häufig zu beobachten?
Steckbrief
- Leuchtkäfer werden auch Glühwürmchen genannt. Der Name stammt daher, dass die Weibchen nicht wie Käfer aussehen, sondern an Würmer erinnern. Da die Käfer am Johannistag, dem 24. Juni, häufig vorkommen, werden sie auch “Johanniswürmchen” genannt.
- Weltweit gibt es 2 000 Arten von Leuchtkäfern – 64 davon in Europa –, die zu verschiedenen Gattungen gehören.
- Es gibt sie in verschiedenen Formen und Grössen und sie können die Nacht erhellen, wenn sie in grosser Zahl auftreten.
- Männliche und weibliche Leuchtkäfer sehen sich oft nicht ähnlich, was ihren romantischen Tänzen einen zusätzlichen Reiz verleiht.
- Sie sind nicht nur schön, sondern spielen auch eine wichtige Rolle in unserer Umwelt, indem sie Schädlinge wie Schnecken, Nacktschnecken und Blattläuse bekämpfen.
Leuchtkäfer, die auf allen Kontinenten mit tropischem und gemässigtem Klima vorkommen, besitzen ein bemerkenswertes Merkmal an der Spitze ihres Hinterleibs – ein Organ, das LEDs an Effizienz übertrifft. Es erzeugt Licht ohne Wärme und ist das effizienteste durch Biolumineszenz erzeugte Licht der Welt! Leuchtkäfer nutzen dieses Licht zur Kommunikation, zum Auffinden von Partnern, zur Paarung und manchmal auch als Verteidigungsmechanismus.
Wie glühen Glühwürmchen?
Das Leuchten der Leuchtkäfer stammt von einer biochemischen Reaktion: Das Enzym Luciferase spaltet das Protein Luciferin in zwei Teile (“luci-fer” bedeutet “licht-tragend”). Dabei wird Energie in Form von Licht freigesetzt, ohne dass Wärme entsteht. Dieses Phänomen wird Biolumineszenz genannt.
Diese Fähigkeit, Licht zu erzeugen, hat sich im Laufe der Evolution mehrmals unabhängig voneinander entwickelt. Verschiedene Tiere wie bestimmte Spinnenarten, Korallen, Quallen oder Tintenfische können durch unterschiedliche biochemische Prozesse Licht erzeugen.
Bei den meisten der etwa 2 000 Leuchtkäferarten besitzen beide Geschlechter ein Leuchtorgan, bei einigen wenigen Arten nur ein Geschlecht. Einigen weiblichen Leuchtkäfern fehlen Flügel, und bei bestimmten Arten bleiben die Weibchen, obwohl sie Flügel besitzen, im Gras sitzen und warten auf die Ankunft ihres fliegenden Seelenverwandten. Interessanterweise können sogar Leuchtkäferlarven und -eier als Reaktion auf äussere Reize wie Klopfen oder Vibrationen Licht aussenden, möglicherweise um potenzielle Fressfeinde abzuschrecken.
Die Larven der Leuchtkäfer unterstützen während ihrer Lebenszeit von ein bis zwei Jahren die Landwirtschaft, indem sie Schnecken und Larven anderer Insekten fressen und so Schäden an landwirtschaftlichen Erzeugnissen verhindern. Erwachsene Leuchtkäfer, die maximal zwei Monate leben, ernähren sich von Pollen und Nektar, während einige Arten überhaupt keine Nahrung aufnehmen. Angesichts des Rückgangs der Leuchtkäfer ist es von entscheidender Bedeutung, die Einflüsse zu verstehen und anzugehen, die auf diese faszinierenden und nützlichen Lebewesen wirken.
In den letzten Jahren wurde weltweit ein besorgniserregender Rückgang der Leuchtkäfer beobachtet. Dieses Phänomen wird auf den menschlichen Einfluss zurückgeführt. Leuchtkäfer bevorzugen in der Regel feuchte und warme Umgebungen, wie Waldseen, Flüsse, Feuchtgebiete, Küstengebiete oder Waldwege. Die zunehmende Verstädterung und Bautätigkeit haben jedoch zu einer Abnahme dieser Lebensräume geführt, so dass Leuchtkäfer ihre Heimat verloren haben.
Ausserdem wirkt sich die zunehmende Lichtverschmutzung durch die weit verbreitete künstliche Beleuchtung nachteilig auf Leuchtkäfer aus. Sie stört ihre Kommunikationsmuster und behindert ihre Fähigkeit, sich zu paaren, was die Fortpflanzung erschwert und zu einem Rückgang ihrer Population führt (Owens und Lewis, 2018; Firefly Research and Conservation, 2019). Angesichts der schwindenden Zahl an Leuchtkäfern ist die Bewältigung dieser Umweltprobleme für den Erhalt dieser bezaubernden Art unerlässlich.
Kroatische Bürgerinnen und Bürger werden aktiv
Aus Sorge um den Rückgang der Leuchtkäferpopulation in Kroatien haben wir, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Fakultät für Landwirtschaft an der Universität Zagreb (Kroatien), uns auf den Weg gemacht, um die Dichte der Leuchtkäferpopulationen im Land zu untersuchen. Da wir erkannten, dass es für ein kleines Team eine logistische Herausforderung ist, das gesamte Land zu untersuchen, wandten wir uns an die Bürgerinnen und Bürger Kroatiens. Aus dieser Zusammenarbeit entstand das Citizen Science-Projekt “Krešo krijesnica” (“Krešo Leuchtkäfer”). Citizen Science bedeutet die aktive Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Datenerhebung und wird ganz oder teilweise von Amateurforschenden durchgeführt. Das im Mai 2019 gestartete Projekt “Krešo krijesnica” hatte zum Ziel, die Population und Verteilung von Leuchtkäfern in ganz Kroatien zu bestimmen.
In kroatischen Medien wird über das Vorkommen von zwei Leuchtkäferarten im Land berichtet: vom Grossen Leuchtkäfer (Lampyris noctiluca) und vom Kleinen Leuchtkäfer (Lamprohiza splendidula). Während traditionelle Überlieferungen davon ausgehen, dass Leuchtkäfer Ende Juni fliegen, hat unser Projekt “Krešo krijesnica” ergeben, dass sie bereits Ende Mai zu fliegen beginnen. Dieses frühe Auftauchen kann auf die globale Erwärmung zurückgeführt werden, da sich das Klima und die Temperaturen auf der Erde verändern, was sich möglicherweise auf die typischen Lebenszyklen der Insekten auswirkt.
Das Projekt “Krešo Leuchtkäfer” sammelte per E-Mail und über soziale Netzwerke (Facebook und Instagram) Berichte von Bürgerinnen und Bürgern über Orte, an denen sie Leuchtkäfer beobachtet hatten. Neben dem Standort gaben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch das Datum und die Anzahl der beobachteten Individuen an und ergänzten ihre Berichte oft mit Fotos und Videos der Leuchtkäfer. Anschliessend haben wir die gemeldeten Orte kartiert und die Arten anhand der Fotos bestimmt. Bei der Datenerfassung wurden Diskrepanzen bei der Klassifizierung von Leuchtkäfern in nichtwissenschaftlichen Quellen aufgedeckt, was den Bedarf an aktualisierten Informationen deutlich machte.
Es wurden etwa 1 200 Meldungen gesammelt, die von über 470 fotografischen Aufzeichnungen begleitet wurden. Durch eine sorgfältige Analyse der Fotos, auf denen die Morphologie der Leuchtkäfer, ihre Leuchtorgane sowie die Form und Farbe des ausgestrahlten Lichts abgebildet sind, konnten 243 Exemplare erfolgreich identifiziert werden. Insgesamt wurden im Sommer 2019 in ganz Kroatien 10 421 Leuchtkäfer gemeldet. Die Sammlung der Meldungen ergab, dass es in Kroatien vier Leuchtkäferarten gibt (Grosser Leuchtkäfer – Lampyris noctiluca, Lampyris germariensis, Kleiner Leuchtkäfer – Lamprohiza splendidula, Italienischer Leuchtkäfer – Luciola italica), was die gängige Annahme widerlegt, dass nur zwei Arten in Kroatien leben. Ausserdem wurde festgestellt, dass sich diese Arten sogar in der Farbe des von ihnen ausgestrahlten Lichts unterscheiden, die von Gelb bis Limettengrün reicht.
Leuchtkäfer in der Schweiz
Der Schweizer “Verein Glühwürmchen Projekt” setzt sich für die Aufwertung der Lebensräume von Leuchtkäfern und die Verbreitung von Informationen über Leuchtkäfer und ihre Lebensräume ein. Wenn Sie die Bemühungen des Vereins unterstützen und zur Erhaltung dieser schönen Insekten beitragen möchten, können Sie Leuchtkäfer-Sichtungen auf der Website des Projekts melden (Deutsch, Französisch, Italienisch).
In Mitteleuropa und auch in der Schweiz gibt es vier Arten von Leuchtkäfern:
Grosser Leuchtkäfer / Grosses Glühwürmchen – Lampyris noctiluca
Kleiner Leuchtkäfer / Kleines Glühwürmchen – Lamprohiza splendidula
Italienischer Leuchtkäfer – Luciola italica
Kurzflügel-Leuchtkäfer – Phosphaenus hemipterus
Hier finden Sie eine kurze Beschreibung zur Artenbestimmung (Deutsch, Französisch, Italienisch).
Schon gewusst?
Um den Ursprung der Glühwürmchen ranken sich wohl so viele Mythen wie es Länder gibt, in denen sie vorkommen.
In China glaubte man vor langer Zeit, dass Glühwürmchen durch das Verbrennen von Gräsern entstanden sind. Eine japanische Legende besagt, dass Glühwürmchen in Wirklichkeit die Seelen der Toten sind. Abwandlungen der Legende besagen, dass sie die Geister von Kriegern sind, die im Kampf gefallen sind.
Auch in der Folklore der amerikanischen Ureinwohner kommen Glühwürmchen häufig vor. In einer Apachen-Legende stiehlt der listenreiche Fuchs das Feuer aus dem Glühwürmchendorf. Während die Glühwürmchen tanzen, zündet der Fuchs ein Stück Rinde, das er an seinen Schwanz gebunden hat, am grossen zentralen Feuer an. Als er aus dem Glühwürmchendorf flieht, gibt er die Rinde dem Falken, der davonfliegt und die Glut in der ganzen Welt verstreut – so kam das Feuer zu den Menschen.
Lesen Sie eine Variante dieser Geschichte hier.
Open Data* Quellen
Grundlegende Informationen über Leuchtkäfer in Kroatien sind in der Global Biodiversity Information Facility (GBIF) katalogisiert. Die Citizen Science Initiative “Krešo Firefly” stellt umfassendere Leuchtkäferdatensätze zur Verfügung und verbreitet sie über weitere Open Data Quellen an die Öffentlichkeit. Der in unserem Projekt zusammengestellte Datensatz ist auf der Open Content Plattform BIOLOGER zugänglich, die Informationen zur Biodiversität spezifisch für Osteuropa sammelt. Umfassende Ergebnisse unseres Projekts wurden auch in der frei zugänglichen Zeitschrift Interdisciplinary Description of Complex Systems veröffentlicht. Die gemeinsame Nutzung von Daten in offenen und maschinenlesbaren Formaten macht sie für Forschende und politische Entscheidungsträger:innen in Kroatien nützlicher. Diese Zusammenarbeit hat das Potenzial, die Bemühungen um den Schutz und die Wiederherstellung der Leuchtkäfervielfalt in der ökologischen Landschaft Kroatiens zu verstärken.
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Quellen
Graham Harris 2019. The world's most efficient light. https://www.fireflyghg.eco/post/the-world-s-most-efficient-light Stand 11.6.2024
*Glossar
Open Data: So werden Daten bezeichnet, die alle zu jedem Zweck nutzen, weiterverbreiten und weiterverwenden dürfen.