Meine Mentorin, die Schabe – Oder wie wir eine neuartige Drohne bauten
Haben Sie schon einmal versucht, eine Drohne zu fliegen? Ihre erste Sorge war wahrscheinlich, sie in der Luft zu halten und nicht mit Hindernissen zusammenzustossen. Die meisten autonomen Drohnen sind so konstruiert und programmiert, dass sie nicht in Bäume oder Mauern fliegen, was auf den ersten Blick auch Sinn macht. Das Problem ist nur, dass sie sich in unübersichtlichen Umgebungen wie Wäldern nicht gut zurechtfinden. Was also, wenn man tatsächlich hinter die Äste schauen will? Fragen wir die Schabe!

Eine Gemeine Waldschabe (Ectobius lapponicus) auf einem Blatt. Bild: Wikimedia Commons/Adam Opioła, CC-Lizenz
Um die biologische Vielfalt in einer bestimmten Region zu überwachen, sammeln Forscher oft Umwelt-DNA*. Drohnen können für diese Aufgabe sehr nützlich sein, da sie schwer zugängliche Stellen wie die Baumkronen erreichen können. Da Drohnen jedoch die Vegetation als Hindernis wahrnehmen, das es zu umgehen gilt, sind Probenahmen jenseits der Baumkronen nicht möglich. In unserem Bestreben, eine Drohne zu entwickeln, die diese Schwierigkeit überwindet, haben wir uns von Schaben inspirieren lassen.
Schaben, wie auch andere Insekten, sind Expertinnen im Navigieren in ihrer Umgebung. Haben Sie schon einmal eine Schabe dabei beobachtet, wie sie mühelos durch ein dichtes Grasfeld krabbelt? Sie hält nicht inne, um jeden Grashalm zu inspizieren, sondern schiebt, wackelt und gleitet einfach hindurch, wobei sie manchmal ihren Körper rollt. Dieses Konzept stand Pate bei der Entwicklung unserer neuen Drohne, die hinter die Äste der Bäume schauen soll.
Schaben brauchen keine komplexen Systeme, um ihre Umgebung zu kartografieren; sie setzen ihren Körper ein, um Hindernisse physisch zu überwinden. Die Hülle unserer neuen Drohne, die wie eine Scheibe geformt ist, wirkt wie ein Sensor. Sie kann Hindernisse „erfühlen“ und entscheiden, ob sie sich durch sie hindurchdrücken, an ihrer Oberfläche entlanggleiten oder beides gleichzeitig tun soll. In etwa so, wie sich eine Schabe durch einen Laubhaufen zwängt. Fügt man eine reibungsarme Oberfläche hinzu, wie sie einige Insekten haben, erhält man eine ziemlich wendige Drohne.
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Für Neugierige: Die Magie der Rückkopplungssteuerung
Der Trick hinter den Fähigkeiten dieser neuen Drohne liegt in einem intelligenten Steuerungssystem. Anstatt ein Modell zu verwenden, um jedes Hindernis, auf das sie trifft, vorherzusagen, passt sie sich während des Fluges an. Die Drohne „spürt“ die Steifigkeit des Hindernisses und passt ihre Bewegung an – wie wenn man gegen etwas stösst und dann entscheidet, ob man weiterstösst oder um das Hindernis herumgleitet. Das ist eine einfache, aber effektive Art, die Drohne zu steuern, ohne viel Rechenleistung zu benötigen.
Diese Art von Durchbruch ist besonders interessant für Anwendungen wie Umweltüberwachung, Präzisionslandwirtschaft und sogar Such- und Rettungseinsätze. Stellen Sie sich Drohnen vor, die durch dichte Wälder fliegen, um Daten über gefährdete Arten zu sammeln, oder die Landwirten bei der Kontrolle ihrer Ernten helfen, ohne dass sie dafür Wege freimachen müssen. Um unser Design zu verbessern, planen wir, die Drohne mit einer vollständig schützenden kugelförmigen Hülle auszustatten, damit sie in noch schwierigeren Umgebungen navigieren kann.
Durch das Lernen von der Natur, insbesondere von Insekten, entwickelt sich die Drohnentechnologie auf spannende und unerwartete Weise weiter. Wenn Sie also das nächste Mal eine Schabe sehen, die sich unter einem Busch versteckt, denken Sie daran, dass Sie vielleicht die Inspiration für die Zukunft der Robotik sehen.
Weitere Insekteninspiration
In der Vergangenheit haben wir uns von den biomechanischen Eigenschaften von Insektenflügeln inspirieren lassen, um kollisionsresistente Drohnen zu entwickeln1. Wir haben winzige Drohnen entwickelt, die das 40-fache ihres Gewichts ziehen können2. Wir haben auch Drohnen mit von Insekten inspirierten Klappflügeln entwickelt3.
1. Insects inspire crash-proof drone. Nature 2017, 543:153.
https://doi.org/10.1038/543153a
2. Miceli C 2018. This tiny wasp-inspired drone can pull 40 times its own weight. Science. doi: 10.1126/science.aav7885
https://www.science.org/content/article/tiny-wasp-inspired-drone-can-pull-40-times-its-own-weight
3. Dufour L et al. 2016. A drone with insect-inspired folding wings. IEEE/RSJ International Conference on Intelligent Robots and Systems (IROS): 1576-1581. doi:10.1109/IROS.2016.7759255.
https://ieeexplore.ieee.org/document/7759255
Glossar*
Umwelt-DNA: DNA, die aus zellulärem Material stammt, das von Organismen in die Umwelt abgegeben wird (Haare, Haut, Fäkalien usw.).
Quellen
Aucone E et al. 2024. Synergistic morphology and feedback control for traversal of unknown compliant obstacles with aerial robots. Nature Communications 15: 2646.