Vibrationsbestäubung – Oder warum wir Hummeln in Gewächshäusern brauchen
Stellen Sie sich vor, dass Sie mit Ihrer Brust das männliche Fortpflanzungsorgan eines anderen Lebewesens zum Vibrieren in einer bestimmten Frequenz bringen müssen, um an Ihre Nahrung zu gelangen. Undenkbar?
So skurril es auch klingen mag, ist dies der Alltag einiger Bienen- und Fliegengattungen, die über die bemerkenswerte Fähigkeit verfügen, durch die Kontraktion ihrer Brustmuskeln Schwingungen zu erzeugen, um grosse Mengen an Pollen aus den speziellen Staubbeuteln von vibrationsbestäubten Blüten zu gewinnen.
Vibrationsbestäubung ist eine Eigenart von etwa 6% der Blütenpflanzen weltweit, darunter einige der wichtigsten Nutzpflanzen: Tomaten, Kartoffeln, Heidelbeeren, Paprika, Cranberries und Auberginen. Die Staubbeutel dieser Blüten öffnen sich nie, um ihren Pollen abzugeben. Die Bestäubung durch Wind oder Insekten, die keine Vibrationsbestäubung praktizieren, ist zwar möglich, aber sehr ineffizient. Daher sind diese Blüten darauf angewiesen, dass Bestäuber sie in Schwingungen versetzen, damit der Pollen aus einem winzigen Loch austritt. Dazu nutzen die Bienen die Brustmuskulatur, die auch die Flügel bewegt.
Alle Bienen können summen, aber nicht alle Bienen können durch ihr Summen bestäuben. Man schätzt, dass weltweit 58% der Bienenarten zu einer Vibrationsbestäubung fähig sind, eine Eigenschaft, die sich in verschiedenen Gattungen unabhängig voneinander entwickelt hat: Hummeln (Bombus), Holzbienen (Xylocopa), Amegilla, Halictus sowie Eristalis sind einige bekannte Insektenbestäuber, die den wertvollen Pollen dieser verschlossenen Staubbeutel in grossen Mengen ernten können. Eine notorische Ausnahme ist jedoch die Honigbiene. Bienenwissenschaftler:innen vermuten, dass die Muskeln der Honigbiene nicht die erforderliche Beschleunigung erreichen können, um die Staubbeutel "explodieren" zu lassen.
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Warum das alles? Man vermutet, dass sich vibrationsbestäubte Blüten genau deshalb entwickelt haben, um den Zugang zum Pollen zu beschränken und so weniger effiziente Bestäuber oder, schlimmer noch, Pollendiebe zu vermeiden (d. h. Tiere, die den Pollen einsammeln, ohne eine Bestäubungsleistung für die Pflanze zu erbringen). Grundsätzlich hat sich diese Strategie als erfolgreich erwiesen und sie ist ein wichtiger Grund dafür, dass Hummeln in grossem Umfang kommerziell genutzt werden und ihre unverzichtbaren Bestäubungsdienste in Gewächshäusern auf der ganzen Welt leisten.
Wenn Sie also das nächste Mal in eine saftige, reife Tomate beissen, denken Sie daran, dass eine eifrige (und unersetzliche) Hummelarbeiterin dazu beigetragen hat.
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Schon gewusst?
Die richtigen Schwingungen, damit die Tomatenblüten ihren Pollen versprühen, können Sie mit einer normalen A Stimmgabel (440 Hz) erzeugen, wie sie zum Stimmen von Musikinstrumenten verwendet wird. Schlagen Sie sie an und berühren Sie die Staubbeutelspitzen damit.